2016, wieder ein Jahr in dem die zwei größten Motorradmessen der Welt in Konkurrenz zueinander stehen und alle Hersteller sich entscheiden müssen was sie wo aus ihrer Entwicklungskiste zum ersten mal zeigen wollen. Für Spannung war jedenfalls im Vorfeld gesorgt, sickerte doch bereits vor einigen Wochen durch, dass Honda seine neue Feuerklinge und Suzuki ihr Superbike in Köln präsentieren würden. Also dann, ab zum Messerundgang.
Aprilia
Aprilia hatte im vergangenen Jahr bereits ihren Supersportler RSV4 RR und RSV4 RF, sowie die Nackte Tuono V4 1100 RR und Tuono V4 1100 Factory grundlegend überarbeitet, sodass für 2017 mehr im Detail optimiert wurde. Neben der obligatorischen EURO4-Homologation, verbesserten die Italiener das Fahrwerk samt Bremse, veränderten einige Kleinigkeiten am Motor um mehr Drehfreude zu erzielen und verfeinerten die Bosch Assistenzsysteme. Ab kommender Saison, kann nun auch ohne Kupplung heruntergeschaltet und in der Boxengasse der Aprilia Pit Limiter genutzt werden. Nettes Gimmick für Tourenfahrer ist sicherlich der nun Serienmäßige Tempomat.
Bei den knapp einen Liter kleineren Bikes, der RS 125 und Tuono 125, wurde optisch nachgelegt, sodass auch der Nachwuchs das Gefühl haben darf, mit der Großen unterwegs zu sein – tolle Einsteigergeräte!
Nun sollte Aprilia nur noch ein ausgereiftes Händlernetz und Teileversorgung haben, dann würde sie mit diesen technisch tollen Bikes und optischen Leckerbissen sicher den Markt deutlich aufmischen.
BMW
Alle Jahre wieder der wohl größte Stand auf dem Messegelände mit der umfassendsten Modellpalette. Hier findet glaub jeder Motorradbegeisterte ein Bike das in seine Sparte passt. Und so zeigten die Bayern mit der R nineT Racer und der R nineT Pure zwei neue Café-Racer, das Reiseschiff K1600GT sowie eine Upgedatete S1000XR und die geschärfte S1000R.
Die sehr beliebte nackten Supersportin geht 2017 trotz EURO4 mit 5 Pferdestären und 2 Newtonmeter mehr ans Gas, bläst ihre Abluft durch einen serienmäßigen HP Titan Endschalldämpfer, hat 2 Kilogramm abgespeckt (mit optionalen HP Schmiederäder sogar 4,4 Kilogramm) und blippert die Gänge hoch wie runter durch. Bei den Fahrassistenzsystemen und -modis hat man auch nochmals nachgelegt, sodass hier keine Wünsche offenbleiben dürften. Für 13.600 Euro, also nur 250 Euro mehr als 2016, bekommt man eine echte Supersporttourenwaffe – Respekt!
Bei der S1000RR tut sich erstmal nichts, wobei man aus wohl informierten Kreisen hört, dass zur EICMA eine neue HP4 präsentiert werden soll, die neue Maßstäbe bei den Straßenzugelassenen Bikes setzten soll.
Bin immer wieder beeindruckt, wie professionell und durchdacht BMW hier ans Werk geht. Sicher treffen nicht alle Modelle immer voll ins Schwarze, aber unterm Strich macht´s die Summe an Erfolgen und hier gewinnen die Münchner reihenweise. Großes Kino!
Ducati
Die Zweiradenthusiasten aus Bologna gingen in Köln etwas zaghafter ans Werk und präsentierten mit der SuperSport ein 113 PS starkes und 12.990 Euro günstiges Einsteigersportbike. Angetrieben wird dieser sportliche Reisebegleiter durch einen 937 ccm Testastretta 11° 90-Grad-L-Motor, beinhaltet allen notwendigen elektronischen Hilfsmittel wie zB. das Bosch ABS und die Ducati Traction Control und stellt dem Fahrer mehrere Modis zur Verfügung.
Ok, in 4 Wochen ist steht die EICMA ins Haus, also Ducati-Heimspiel, auf der wir sicher ein Feuerwerk an Neuheiten erwarten dürfen. Für´s Erste aber schon mal nicht schlecht, denn mit der SuperSport kann man sicher viele Kunden erreichen, die nicht gleich ins Superbike Segment einsteigen wollen bzw. denen sportliches Touren am Herzen liegt.
Honda
Endlich wieder eine neue Fireblade! Die Fangemeinde wartete in den letzten Jahren vergeblich auf sportliche Neuheiten aus Tokio. Nun kommt 2017 mit der CBR1000RR Fireblade SP und SP-2 sowie einer Standardversion die auf der EICMA präsentiert werden soll, gleich 3 neue Supersportler auf den Markt. Die SPs haben nun, auch zum Teil basierend auf der RC213V-S, alle technischen Raffinessen die ein Racebike benötigt um konkurrenzfähig zu sein. Dazu legten die Japaner trotz härterer Abgasnormen bei der Leistung mit 11 PS kräftig nach und speckten sie um knapp 15 Kilogramm ab. Schaut man die extrem dynamisch wirkende Verkleidung genauer an, so stellt man fest, dass hier ordentlich Arbeit im Windkanal getätigt wurde. Insgesamt wirkt die Neue Fireblade, internen Modellbezeichnung SC77, deutlich sportlicher und angriffslustiger als ihre Vorgängerinnen.
Sicher haben vergleichbare Bikes heute gut 10 PS mehr, aber Honda bleibt ihrer Slogan „Total Control“ treu und heben sie auf die nächste Stufe mit Hilfe der bewerten Bosch Sensorik – die ersten Tests werden es zeigen.
Für mich recht unerwartet – sagen doch sogenannte Insider, das luftgekühlte Reihenvierzylinder nie die EURO4-Norm schaffen würden – hat Honda bei den klassischen Muscle Naked Bikes mit der CB1100RS und CB1100EX ordentlich nachgelegt. Sicher eine tolle Basis für alle Individualisten, die sich ihren Café-Racer bauen möchten.
Horex
Sicher keine Bikes für den Alltag, dafür aber eine klangvolle Marke – Horex. Auf Basis der VR6-Serienmodells, stellt die bayerische Motorrad-Schmiede aus Landsberg am Lech gleich mehrere unterschiedliche Power Cruiser im klassischen Design auf die Straße. Eine Soziusversion „Classic“ sowie den sportlicher Einsitzer „Café Racer“, ein Sondermodell als Silver Edition und Black Edition sowie Bikes in der Ausstattungsvariante „Heritage Line“ – kurz HL. Am Tag möchte die Landsberger Manufaktur einen 1,2 Liter Triebwerk mit 163 PS fertigen und ihre Highend-Bikes für 38.500 Euro bis 46.500 Euro auf den Markt bringen.
Muss schon gestehen, dass man sich in die Details verlieben kann und das Verlangen solch ein Gerät mal ein Wochenende zu testen recht groß wird.
Kawasaki
Bei den Drachen ging es etwas verhaltener zur Sache. So bekommen die Überbrenner H2 und H2R nur ein kleines Update um EURO4 fähig zu sein sowie eine Sonderedition als H2 Carbon. Auf Basis der ZX-10R, bieten die Japaner zusätzlich ein reinrassiges SBK-Bike mit der Bezeichnung ZX-10RR an. In ihr wurde der Zylinderkopf so weit optimiert, dass eine scharfe Nockenwelle Platz findet, die Tassenstößel haben edle DLC-Beschichtung und das Kurbelgehäuse wurde stabilisiert um dem Druck Stand zu halten. Dazu gibt es nun den obligatorischen Blipper. Laut Kawa waren sie mit der Doppel-R auf ihrer Teststrecke knapp 2 Sekunden schneller als mit der Standardversion – das schreit doch förmlich nach einer Testfahrt!
Wirklich neu hingegen ist der Sporttourer Z1000SX mit einem 142 PS starken Triebwerk und dem Rundum-Bosch-Elektronikpaket. Ein sehr interessantes Bike ist sicherlich die Ninja 650, die extrem sportlich anmutet, von der Sitzposition her aber eher den ER-6 Nachfolger darstellt.
Alles schön und gut, doch werde ich das Gefühl nicht los, mich in einem Einheitsbrei zu befinden in dem irgendwie alle Modell gleich aussehen bzw. für ein nicht kundiges Auge keine eindeutige Zuordnung möglich ist.
KTM
Das meistgefallene Wort bei KTM war „Adventure“. So stellten unsere österreichischen Freunde aus Mattighofen mit der 1090 Adventure und 1090 Adventure R, sowie der 1290 Super Adventure S und 1290 Super Adventure R, gleich 4 treue Reisebegleiter vor. Alle Bikes haben natürlich modernste Technik im inneren und mächtig Leistung für sportliche Touren über Stock und Stein. Optisch waren die Österreicher schon immer eigenständig unterwegs, wobei sich die Geschmäcker an der 1290ziger Frontpartie sicher scheiden werden – ich sag nur mächtiger Scheinwerfer. Über allem thronte jedoch das Projekt RC-16 und bot tolle Einblicke in die KTM MotoGP.
Suzuki
EICMA 2015, die Weltpresse steht erwartungsvoll auf der Pressekonferenz und dann fällt der Satz, den keiner erwartete „hier das Konzeptbike GSX-R1000“. Tja und so kam die neue, sehnsüchtig erwartete Kilogixxer erst ein Jahr später. Der neue Supersportler kommt wie inzwischen alle Superbikes in zwei Varianten als GSX-R1000 und GSX-R1000R auf den Markt, wobei die Doppel-R es nur recht limitiert geben soll. Beide Versionen stehen auf Showa Federelementen und in der R-Variante mit zusätzlichen edlen Balance-Free Elementen. Leistungstechnisch geht Suzuki mit über 200 PS ins Rennen und verpassen dem Triebwerk Suzuki Racing Variable Valve Timing – kurz SR-VVT – das gerade im unteren bis mittleren Drehzahlbereich die Drehfreudigkeit deutlich steigern soll. Zusätzlich soll ein S-DSI System die Stellung der Ansaugtrichter drehzahlabhängig anpassen. Natürlich ist die Gixxer mit Traktionscontrolle und verschiedenen Mappings ausgestattet, wobei eine Launch-Control und Blipperfunktion der Doppel-R vorenthalten ist.
Ich sag mal – ein Liebhaberstück – ist der Endschalldämpfer beider Versionen. Entweder kommt bei der präsentierten Farbvariant das Endrohr extrem mächtig zur Geltung oder es ist in der Tat ein dickes Teil. Das wäre doch sicher auch dezenter gegangen liebe Suzitechniker?! Aber Egal, damit haben nun endlich alle Hersteller wieder ein aktuelles Superbike am Start.
Neu war auch die GSX-R 125. Mit dieser Baby-Gixxer im Sportkleid, Keyless-Go und LED-Licht, werden sicher Emotionen bei den Einsteigern geweckt werden – schaut vielversprechend aus. Bei den Reiseenduros wird 2017 die Modellpalette um die V-Strom 1000 XT mit Drahtspeichenrädern erweitert. Alle anderen Mietglieder der V-Strom Familie bekommen Updates im Detail. Recht interessant wird sicher auch die nackige Nachfolgerin der GSR – die GSX-S750.
Triumph
Die Engländer setzten auf der Intermot mehr auf Retro und stellen ihren Premiumcharakter in den Vordergrund. So erweitern sie die Bonneville-Reihe um 2 weitere flüssigkeitsgekühlten 900er-Zweizylindern als sportliche Street Cup und klassische Bonneville T100/T100 Black. Zielgruppe ist hier sicherlich verstärkt der Einsteigerbereich, da die T100 mit 48 PS an den Start geht und so die A2 Führerscheinklasse erfüllt.
Auf eine neue Street Triple warteten wir leider vergeblich. Diese wird aber sicher auch der EICMA präsentiert werden, da das Triumph Erfolgsbike sicher auch im EURO4 Zeitalter für Gewinne sorgen soll. Was man leider von der verwandten Daytona 675 nicht behaupten kann, denn hier steht wohl das Modell aus bevor – schade!
Yamaha
Angetasert von der Neuen R6 wurde man am Yamaha-Stand schnell enttäuscht – da lief wohl was schief, entweder war die Werbeabteilung zu schnell oder die Entwicklung zu langsam! Na dann schauen wir mal in 5 Wochen nach Mailand auf die EICMA.
So musste man sich mit der scharfen Variante der MT-10, einer MT-10 SP begnügen die nun ein elektronisch gesteuerten Öhlins-Fahrwerk, einer neue Anti-Hopping-Kupplung und sportlichem Schaltautomaten sowie einem Farbdisplay aufwartet. Diese Updates hätte wahrscheinlich der Basisversion zu mehr Marktakzeptanz und besseren Testergebnissen verholfen.
Die Erste Ihrer Gattung – die MT-09 – geht in die neue Saison nach dem Yamaha Motto „Dark-Side-Philosophie“. Aggressivere Optik sowie flachere, kürzere und 5mm höhere Sitzbank unterstreichen dies. Wie bei der MT-10 arbeitet nun Anti-Hopping Kupplung daran, den Kraftschluss des 850 ccm Triebwerks optimal herzustellen. Geschaltet wird ab sofort mit Unterstützung eines Quickshifters.
Wirklich Stielecht geht der 60 Grad V2 SCR950 Scrambler ans Werk. Hier steigt Yamaha weiter in den Sport Heritage Markt ein und präsentierte ein wirklich cooles Bike. Auch die erfolgreiche Tracer-Baureihe, bekam mit der Tracer 700 ein passendes Update.
Und sonst?
Die Intermot präsentierte sich als extreme Fachmesse in der Technik und edle Anbauteile bzw. Zubehör Trumpf sind. Aber auch Individualisten kamen in einer separaten Custom Halle mit tollen Umbauten auf ihre Kosten. Sicher gehen hier Geschmäcker schnell und weit auseinander, aber rein technisch und vom Umbauaufwand her betrachtet – Mega Teile!
Die Elektrifizierung kam auch nicht zu kurz, wobei diese doch eher beiläufig am Ende der Messe eine Halle hatten. Leider war die Zeit zu knapp um hier weiter einzutauchen, was irgendwie schade war. Das genaue Gegenteil möchte die technische Motorradschmiede FGR Factory mit ihrer FGR Midalu 2500 V6 zeigen, V6 mit 2,5 Liter Hubraum in einem Power-Naked-Bike – Respekt.
Fazit
Tat sich die Intermot in Köln die Jahre über schwer und stand sie immer irgendwie im Schatten der EICMA, so hat sie es spätestens heute geschafft zu einer wirklich tollen Messe zu werden. War ein wirklich toller Tag, der einen zweiten verdient hätte. Auffallend war, dass inzwischen (gefühlt) jedes Bike mit etwas Power, durch Bosch Sensorik und Steuerungsintelligenz ausgerüstet sind. Tja und in meinem Favorit Genre – Superbikes – sind endlich die Wettkämpfe um die Krone eröffnet worden. Mal sehen wer sich diese 2017 aufsetzten darf?
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