Seit einigen Jahren sind sogenannten Scrambler wieder angesagter denn je und viele namhafte Hersteller haben inzwischen mindestens eine Variante im Angebot. Ich durften auf einer herbstlichen Tour ins Ötztal die Highend-Variante von Triumph für Euch testen und war – Achtung Spoiler Alarm – von ihr Restlos begeistert. Aber der Reihe nach.
Was ist überhaupt ein Scrambler?
Betrachten man diese Gattung Motorrad, so fallen einem gleich die grobe Bereifung sowie eine mächtige Gabel ins Auge. Schnell sieht man eine Enduro vor sich stehen. Fällt der Blick zuerst auf die Sitzbank, Tankführung und Lenker, so denkt man an ein Naked Bike mit aufrechter Sitzposition und breiteren Griffen. Fokussiert man zuerst den hohen und gerade nach hinten geführtem Auspuff, so kommt einem ein Flat Track Racer in den Sinn. Auf jeden Fall wird man immer mehrere Motorradsparten in ihr finden.
Der Ursprung gründet in den Sechzigerjahren, als es noch keine Enduros wie heute gab, man aber mit seinen Straßenbikes abseits selbiger Spaß haben wollte. Und so wurden damals kurzerhand gröbere Reifen aufgezogen, der Lenker verbreitert und teilweise mit einem Steg verstärkt, die Federwege verlängert und der Auspuff nach oben verlegt. Damit konnte es in den Dreck gehen und kleinere Hügel „hochkraxeln“ (englisch: scramble up) werden.
Zu großem Ruhm kam der Scrambler und insbesondere der von Triumph, 1964, als Hollywoodstar Steve McQueen bei den „International Six Days Trial“ in der ehemaligen DDR in Erfurt mit einer Triumph TR6 Trophy für ein US-Team mit der Startnummer 278 an den Start ging und ein bis heute legendäres Bild, mit offenem Helm, cooler Sonnenbrille, eingesautem Fahrer und der Zigarette im Mundwinkel, entstand.
Ein echter Scrambler!
Leider verschwanden gegen Ende des letzten Jahrhunderts die Scrambler etwas vom Radar und wurden erst 2006 mit einer Version auf Basis der Triumph Bonneville 900 wiederbelebt. Wobei hier mehr der Name Programm war und weniger die Scrambler-typischen Eigenschaften. Mit der aktuellen 1200 XC (Cross Country) und der edel ausgestatteten XE (Cross Extreme), möchte Triumph nicht nur wieder Scrambler draufschreiben, sondern einen Echten hinstellen.
Für unseren Test durften wir auf der mit Insprationskit „Extreme“ edel ausgestatteten XE Platz nehmen. Hier gibt es zusätzlich noch einem hochgelegten vorderen Kotflügel aus gebürstetem Aluminium, Arrow-Doppelschalldämpfer mit Carbon-Endkappen, Alu-Kühlerschutz, gefrästem Öleinfülldeckel, schwarzer mit Triumphschriftzug gepolsterte Lenkerquerstrebe, Scheinwerfereinfassung und -gitter, verbreiterter Auflagefläche am Seitenständer, Motorschutzbügel aus Edelstahl, getönte Scheibe, LED-Blinker und schmalere Rückleuchte. Dazu hatte sie noch für unsere Tour den Gepäckträger mit entsprechender 25 Liter großer Seitentasche aus dem Triumph Zubehör montiert.
Und dass dieses edle Stück nicht für den Showrooms in Hinckley konzipiert wurde, sondern für den täglichen Einsatz im Gelände und auf der Straße, wird beim Blick auf die Komponentenliste und technische Daten deutlich. Kraftvoller 1200-Kubik-High-Torque-Reihenzweizylinder aus der Bonneville mit nun 90 PS und mächtigen 110 Newtonmetern die bereits bei 3.950 Touren nachdrücklich anschieben. Vorne steht sie auf einer eine 47-Millimeter-Upside-Down-Gabel von Showa und hinten arbeiten zwei Öhlins Federbein. Beide sind voll einstellbar und bieten ein Potential das man sonst nur aus einschlägigen Reiseenduros kennt.
Für den harten Geländeeinsatz sprechen die 250 Millimetern Federweg, 870 Millimetern Sitzhöhe, massive metallverstärkten Handguards, die eigentlich an allen Tiger-Modellen so ausgeführt sein sollten(!), einklappbare Schalthebel und Bremspedale die auch mal ein Umfaller nicht zum Albtraum werden lassen und mittels einer Feder in Sekundenschnelle etwa einen Zentimeter höher für Fahrten im Stehen eingestellt werden können. Dazu noch ordentlich dimensionierte und griffige Fußrasten für besten Stand sowie abnehmbare Beifahrer-Fußrasten. Ein edler Motorschutz und perfekt ins Gesamtbild eingepasste Sturzbügel, halten Steine und Dreck vom sehr schön gearbeiteten Triebwerk ab und schützen im Falle eines Falles. Mit hochwertigen Speichenräder im 21 Zoll Format vorne, welches von einer Highend Brembo-M50-Monoblock-Bremszange und schwimmend gelagerten Bremsscheiben über den neuesten Brembo-MSC-Bremshebel verzögert werden, und 17 Zoll hinten, werden die Offroad-Ambitionen klar unterstrichen.
In Anbetracht dieser edlen Komponenten, sind die veranschlagten 14.550 Euro mehr als fair. In unserem Fall mit zusätzlichem „Extreme“ Paket, Seitentasche und dunkel getönten Flyscreen, muss man noch einmal ca. 3.200 Euro drauflegen.
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