Anfang März, der Winter kämpft mit letzter Kraft gegen die immer stärker werdende Frühlingssonne, der Wetterbericht ist langsam nicht mehr zum heulen, die Temperaturen steigen und so auch die Vorfreude auf eine neue hoffentlich unfallfreie Motorradsaison. Der lange Winter wurde von vielen fleißig genutzt ihre Maschinen auf Vordermann zu bringen und so stehen sie nun in den Startlöchern zum ersten Rollout. Aber auf was stehen sie denn? Eine Frage, die durch alle Motorradforen rauf und runter diskutiert wird. Eine Frage, die uns Motorradfahrer laufend beschäftigt. Eine Frage zu der es unzählige Meinungen und Ansichten gibt. Eine Glaubensfrage?
Auf der EICMA stellte Metzeler den Racetec RR als Nachfolger für den legendären K3 vor. Der „Road Racing“ Reifen soll in die Profilspuren des sehr erfolgreichen Racetec Interact K3 rollen, noch präziser und stabiler sein, haltbarer, schneller über die komplette Lauffläche sich erwärmen und jederzeit den notwendigen Renngrip über ein breites Temperaturspektrum bieten.
Glaube kann man mit testen ersetzen und so ging es im Rahmen des BMW Testcamps Almeria, zwei Tage mit der brandneuen S1000RR auf den anspruchsvollen 4.030 Meter langen Circuito de Almeria.
Mit nagelneuen und kalten Metzeler Racetec RRs in der K3 Mischung ging es hinter Jürgen Fuchs raus auf die Strecke zum ersten einrollen. Da mein Respekt bei neuen Gummis immer recht groß ist, wählte ich lieber den Rain-Modus hierfür aus. Wobei mir Helmut Dähne mal bei einem Metzeler Reifenseminar sagte: „Zwei rechts, zwei links und Vollgas – das reicht!“. Naja, unser Frontmann Jürgen hatte dies wohl auch im Hinterkopf und zog nach ner halben Runde gleich mal richtig am Kabel (ja liebe Technikfreunde, die S1000RR hat nur Kabel durch die Bits und Bytes fliesen). Eingangs der Gegengerade schaute ich mit meinem Rain-Modus gleich mal in die Röhre bzw. hatte vor mir schnell jede Menge Platz – die Truppe war weg! Also, Mode-Taste, klickklick, Race-Modus.
So ging es auf die Start-Ziel gleich mal richtig schräg rein und früh ans Gas. Die Traktionskontrolle blinkte zwar hin und wieder, aber Vortrieb und Linie waren perfekt – man bedenke, 1.Runde, neuer und kalter Reifen! Tief reinbremsen in die erste Rechts, tolles Gefühl am Vorderrad, sehr präzise und zielgenau. Raus auf die Curbs, Vollgas, die Front wird leicht. Kurve 3, lange Links, weit rauslegen, Ellenbogen runter, Geduld haben, Bike liegt sehr ruhig, Vorderrad gibt mir ein gutes Gefühl, am Ende schön reinziehen und Vollgas. Dreifach Rechts, wieder fühl ich mich pudelwohl. Schnelle Links-Rechts-Links bis zur Schikane, lässt sich sehr handlich umlegen. Hinten mit weit geöffneten Drosselklappen auf die Gegengerade, trotzt leicht regelnder Traktionskontrolle geht´s mächtig raus. Ich spreche von der 2.Runde!
Metzeler verspricht mit dem neuen RR, einen besseren Wärmetransport von der mittleren Lauffläche hinaus zu den Flanken. Also auf den ersten Runden hatte ich schon das Gefühl, dass der Reifen sehr schnell und durchgängig warm wurde. Es war auf jeden Fall mein gefühlt schnellster erster Turn aller Zeiten.
Da vor uns das Race-Camp mit Fahrern wie Markus Reiterberger, Lucy Glöckner oder Guy Martin unterwegs waren, starteten wir immer wieder mit recht kalten Reifen. Was aber wirklich nicht störte, denn nach 2 Kurven war das Gefühl wieder wie zum Schluss des Turns.
Am Ende des ersten Renntages, schauten die RRs noch richtig gut aus obwohl sie locker 10 Turns aus teilweise kaltem Zustand hinter sich hatten. Leider durfte Metzeler an den Flanken keine Löcher wie bei den Slicks einarbeiten (bei straßenzugelassenen Reifen nicht möglich) um hier die Verschleißmarke sehen zu können. Die Jungs von Penz13-Team sagten mir aber, man könne ihn bis zur letzten sichtbaren Verschleißmarke voll runterfahren und hätte noch immer genügend Material am Rand!
Am zweiten Tag war unsere Gruppe um Jürgen Fuchs deutlich kleiner, und so verpasste er mir mal eine Datalogger, der all meine „Sünden“ dokumentieren sollte. Sehr spannend, wie so ein Turn später am PC aussieht. In Zahlen gesprochen regelte die Traktionskontrolle nur Eingangs Start-Ziel recht heftig, ansonsten trieb die S1000RR den Metzeler immer knapp am Regelpunkt mächtig an. Die maximale Schräglage war bei 58,4 Grad (in der 2.Runde), was ich für einen Straßenreifen schon mal nicht schlecht finde. Das ABS regelte Ende der Gegengerade stärker und sonst nur sehr minimal. Und die Rundenzeit war mit einer hohen 1:49, trotz Verkehr super gut.
Metzeler hat es geschafft, einen sehr erfolgreichen Reifen wie den K3 weiter zu perfektionieren. So bietet einem der Racetec RR tollen Grip, ein sehr gutes und präzises Gefühl für das Vorderrad, keinerlei Aufstellmoment in den Kurven, absolut stabiles Fahrverhalten in allen Lagen und ein extrem leichtes Handling. Von der Haltbarkeit her denke ich, dass er locker 2 Rennstreckentage durchhält und danach noch genügend Gummi für sportliche Runden auf der Hausstrecke vorweisen kann. Vor gut 5 Jahren wäre dies ein top Rennslick gewesen, nun ist er ein Road Racing Reifen für die Straße mit Zulassung und Profil – Wahnsinn!
Auf der EICMA glaubte ich noch dran diesen Reifen fahren zu wollen – nun weiß ich es, dass ich 2015 ihn unbedingt fahren muss!
Text: Rainer Friedmann ‚Kraftrad‘ / Bilder: Rainer Friedmann ‚Kraftrad‘, Bike-Promotion
1 Trackback / Pingback