Honda entdeckt Emotion, denn im inzwischen hart umkämpften sogenannten A2-Markt, der Bikes bis 48 PS, tummeln sich immer mehr Hersteller ala Yamaha, KTM oder BMW. Um in diesem Segment die Marktstellung mit einem Anteil von 25,4% halten zu können, genügt es nicht technisch hervorragende Maschinen zu bauen – Nein, es bedarf deutlich mehr um Neueinsteiger für die Marke zu gewinnen, Wiedereinsteiger zu begeistern und Liebhaber leichter Mittelklasse-Motorräder zu fesseln. Die CB500F und CBR500R machen hier den Anfang mit einem neuen Styl-Konzept und über 200 zur Vorgängerin optimierter Teilen.
12.233 Neuzulassungen im Leistungsbereich zwischen 26 und 37 Kilowatt stehen für Deutschland 2015 in den Büchern. Honda gehört hiervon mit Modellen wie der CBR300R, CTX700N sowie der CB500F und CBR500R ein gutes Viertel. So bekamen im vergangenen Jahr 1.202 CBs und 469 CBRs ihr erstes Nummernschild montiert. Dieser Erfolg kommt aber nicht von ungefähr. Honda tut seit Jahren viel für diese Klasse mit Aktionen wie „Führerscheinzuschuss“ für Neulingen oder die „50/50 Finanzierung“, welche den Ein-/Wiederstieg deutlich erleichtert oder auch das „Fahren ohne Führerschein“, bei der Zweiradinteressierte unter professioneller Anleitung einfach mal in die Motorradwelt hineinschnuppern können.
Für 2016 legen die Japaner nun nicht nur mit ihren Aktionen nach, sondern verpassen den 471 ccm Viertakt-Parallel-Twins nach dem Motto „Aggressive Speed Shape“ eine deutlich aggressivere und sportlichere Optik sowie zahlreiche Optimierungen im Detail.
Bei frühlingshaften guten äußeren Bedingungen, konnten wir in der Nähe von Sevilla einen ersten Eindruck vom agilen Nakedbike CB500F und der sportlicheren Schwester CBR500R gewinnen. Die CB500X, welche das Programm von Honda in diesem Segment abrundet, stand nicht bereit, da sie in Deutschland wegen der Nähe zur NC750X nicht angeboten wird.
Technisch identisch – die CB500F und CBR500R
Die für den A2-Führerschein optimal zugeschnittenen Halbliter-Aggregate, wurden zum Vorgängermodel hin direkt nicht verändert und bringen das Maximum von 48 PS bei 8.500 Touren bzw. 43 Newtonmeter bei 7.000 Touren auf den Asphalt. Die Techniker rund um Projekt Manager Takeshi Uemae und Design Manager Kei Fukuyama widmeten sich eher dem Thema Luftmanagement. So bekommen beide Modelle ihre Atemluft traditionell über Einlässe im Frontbereich und nun zusätzlich über seitliche Einlässe im Heck. Bevor diese in der programmierte Kraftstoffeinspritzung (PGM FI) verarbeitet werden kann, strömt sie durch einen optimierten Luftfilter und wird mit Hilfe einer Trennwand innerhalb der Airbox für jeden Zylinder separiert. Dies führt zu einer deutlich harmonischen Leistungsentfaltung und runderem vibrationsarmen Motorlauf.
Nach getaner Arbeit, strömen das Abgas durch den im Abgasstrang zentral positionierten Katalysator in Richtung Auspuff. Hier legten die japanischen Ingenieure ebenfalls Hand an und konstruierten einen deutlich kürzeren sowie kompakteren Endtopf, der beide Fahrzeuge optisch aufwertet. Ein aufwendiges Zweikammersystem sorgt nicht für den optimalen Abgasfluss, sondern zusätzlich für einen dumpferen und deutlich markanteren Sound durch Nutzung von Resonanzschwingungen.
EURO4 wird man allerdings vergeblich in den Fahrzeugpapieren suchen, da während der Entwicklungsphase nicht eindeutig klar war, welche Richtlinien gelten würden. Honda geht aber davon aus, dass die ab 2017 in Kraft tretenden Abgasregelungen mit sehr wenig Aufwand zu erfüllen sind.
Fahrwerk und Chassis sind ebenfalls vollkommen identisch. So ist das Motorengehäuse ein tragendes Teil im 35 mm-Stahlrohr-Rahmen, der am vorderen Ende mit einem Lenkkopfwinkel von 25,5 Grad die in der Federvorspannung einstellbare 41mm Showa Teleskopfedergabel aufnimmt und am hinteren Ende die Schwinge soweit es geht in Richtung Triebwerk positioniert, wodurch die Hauptmasse des Fahrzeuges weiter zentralisiert wird. Gefedert wird die Kastenschwinge durch ein 9-fach einstellbares Monofederbein mit Pro Link-Hebelsystem.
Auch im Cockpit verlässt man sich auf das in mehreren Modellen verbaute, selbst bei direkter Sonneneinstrahlung gut ablesbare, LCD-Multifunktionsdisplay. Eine Ganganzeige wird man also weiterhin vermissen.
Weiter aufgewertet, werden beide Modelle mit einem neuen Tankverschluss, hochwertigen Kupplungs- und Bremshebeln, wobei dieser individuell einstellbarer ist, der neuen Zündschlüsselgeneration im Wave-Design, sowie einer 320 Millimetern Wave-Bremsscheiben vorne und einer 240 Millimetern hinten. Verzögert werden diese selbstverständlich über ein 2-Kanal-ABS.
Für einen erweiterten Einsatzradius sorgt der um 1 Liter auf 16,7 Liter gewachsene Tank mit dessen Inhalt man laut Honda bis zu 490 Kilometern weit kommen soll.
Eine sehr erwachsen wirkende CB500F
Hondas Verkaufsschlager in der 48 PS-Klasse, die CB500F, kommt 2016 deutlich erwachsener und sportiver daher. Sie hat im Vergleich zu ihrer Vorgängerin 2 Kilogramm abgespeckt und wiegt nun vollgetankt 190 Kilogramm. Ein kürzeres Heck aus dem einem LED-Lichter entgegenleuchten, sowie der leicht zu demontierenden und extrem wertig verarbeiteter Kennzeichenhalter geben der Heckpartie einen ganz neuen Look. Die sportlicher geformte Sitzbank, welche trotzdem einen super Komfort bietet, überträgt die Linienführen in den Frontbereich weiter. Hier geben die seitlich weiter ausgestellten Lufteinlässe und die kantiger Frontpartie mit ihrem LED Scheinwerfer der CB500F ein super Design.
Aber finden auf der 785 Millimeter hohen Sitzbank 193 Zentimeter genügend Platz? Ja sie tun es und wie. Knieschluss am Tank, sowie der Kniewinkel sind sehr angenehm. Man sitzt kompakt und zeitgemäß Vorderradorientiert. Dazu gibt der breite Lenker ein gutes und handliches Gefühl für die Maschine.
Also dann, Starterknopf drücken, der Twin schnurrt sofort los, Gang einlegen und ab geht´s. Zuerst über weitläufige schnelle Landstraßen, bevor das bergige Hinterland Sevillas erkundet wird. Aus dem Ort links raus, gleich mal die Gänge durch das komplette Drehzahlband schalten, was hondatypisch spielerisch geht. Die auf zwei Zylinder verteilten 471 Kubikzentimeter schieben bis 140 Kilometer pro Stunde nachhaltig an. Dass man hier „nur“ 48 Pferde unter sich hat vergisst man recht schnell. Nach 20 Kilometern wird es kurviger und der Spaß beginnt erst richtig, denn die CB500F lässt sich spielerisch von einer in die nächste Ecke treiben. Man kommt in einen regelrechten Kurvenrausch.
Das Ansprechverhalten der Gabel und insbesondere das Federbein sind für diese Klasse exzellent. Selbst mit kurzen und harten Schlägen kam die CB500F sehr gut zurecht. Der auf den Testmaschinen montierten 17 Zoll Dunlop Sportmax D222 in den Abmessungen 120/70 und 160/60 trug hier sicherlich seinen Teil dazu bei. Traktion, Zielgenauigkeit und Rückmeldung waren jedenfalls tadellos.
Hatte ich bedenken, dass eine Bremsscheibe eventuell zu einseitiger Unruhe führen könnte, wurde ich schnell eines Besseren belehrt. Selbst bei wirklich harten Bremsmanövern, arbeitet die Nissin Anlage dauerhaft perfekt und ließen das Bike auf der gewählten Linie – selbst das ABS griff unaufgeregt und kaum spürbar ein.
Mit der CBR500R geht es auch noch sportlicher
Wer die 500er gerne etwas sportlicher bewegen möchte, der wird mit einer CBR500R seine wahre Freude haben. Sie bringt mit 194 Kilogramm ebenfalls 2 Kilogramm weniger auf die Waage zum Vorjahresmodell. Zwar ist die Sitzhöhe mit 785 Millimetern identisch zur CB500F, doch führt ein um 40 Millimeter engerer Lenker und die einzeln montierten um 49 Millimeter tieferen Lenkerenden zu einer deutlich sportlicheren Haltung. Dazu kommt natürlich die Vollverkleidung mit einem Windschild, das selbst hoch gewachsenen Piloten einen guten Windschutz bietet. Highlight der CBR500R ist aber sicher ein böse dreinblickender LED-Doppelscheinwerfer, welcher der Frontpartie einen gewissen Superbike-Touch gibt. Schade nur, dass die Lichtproduktion (auch bei der CB500F) beim Blinken über eine traditionelle Glühwendel geschieht und nicht über LEDs – den Zubehörmarkt freut dies sicherlich.
Fahrdynamisch ist es spannend, welch Auswirkungen doch solch kleine Änderungen am Lenker haben können. So ist die CBR wie ihre CB-Schwester super handlich, doch in sehr engen Kurven merkt man deutlich den kleineren Lenker. Dafür bleibt die CBR auch bei hohen Kurvengeschwindigkeiten absolut ruhig und zielgenau. Hierfür sorgt (bei beiden Modellen) unteranderem ein kleiner aerodynamischer Kniff am Vorderradfender. Am Abschluss zur Gabel wurde eine wenige Millimeter hohe Kante angebracht, die den Luftstrom entsprechend lenkt, sodass bei höheren Geschwindigkeiten mehr Stabilität am Vorderrad entsteht – nettes Detail.
Auch 48 Pferdestärken können mächtig Spaß bereiten
Das sehr drehfreudige Aggregat ist bereits ab gut 2.500 Touren gut zu fahren, zieht sauber und mühelos bis kurz vor 9.000 Touren durch. Insbesondere zwischen 4.500 und 7.000 Touren, wirkt es sehr dynamisch und spritzig. Gerade in flüssigen Kurvenpassagen, konnten beide Maschinen mit richtig Zug bewegt werden. Sicher mit ein Verdienst der optimierten Luftzufuhr. Fällt die Gangauswahl auch mal einen zu hoch aus, so ruckelt es kaum um Antriebsstrang. Schnell einen Gang runter und Drosselklappen voll auf – bääm. Bei solch zügiger Fortbewegung, bleibt der Verbrauch mit knapp über 4 Liter pro 100 Km auf sehr gutem Niveau.
„Langweilig aber gut“ war gestern – Honda entdeckt Emotion
Waren Hondamodelle in der Vergangenheit nicht unbedingt für emotionalen Sound bekannt, so wird dies mit den beiden 500er anders. Die japanischen Soundingenieure haben mit ihrem neu konstruierten 2-Kammern-Auspuff ganze Arbeit geleistet. Insbesondere im mittleren Drehzahlbereich umgibt einen ein bassiger aber niemals aufdringlicher Sound. Richtig spannend wird es im Schiebebetrieb unterhalb 5.000 Touren, denn hier blubbert es angenehm. Aber auch die Airbox gibt dem Fahrer bei zaggiger Gangart entsprechende Rückmeldung – tolle gemacht Jungs!
Nicht nur die Ohren werden verwöhnt, auch das Auge entdeckt beim Betrachten immer wieder Neues. Langweilige Farben gehören endlich der Vergangenheit an, man setzt insbesondere bei der CBR auf peppige Dekors und auffallende Farben. Allerdings nur außerhalb Deutschlands, denn hier stehen neben „Matt Gunpowder Black Metallic“, „Pearl Metalloid White“, „Graphite Black mit Candy Energy Orange“ und „Millenium Red“ auch noch „Lemon Ice Yellow mit Graphite Black“ sowie eine Tricolor Variante der CBR500R zur Auswahl. Sollte die Nachfrage jedoch entsprechend hoch sein, werden sicher schnell diese beiden tollen Farben auf unseren Straßen zu finden sein.
Bei der CB500F hingegen gibt es „Ross White mit Millenium Red (Tricolor)“ und „Lemon Ice Yellow mit Graphite Black“ neben „Matt Gunpowder Black mit Matt Krypton Silver Metallic“, „Millenium Red mit Macadam Grey Metallic“ und „Candy Energy Orange mit Macadam Grey Metallic“. Nur „Pearl Metalloid White“ ist bisher bei uns nicht im Programm.
Preislich gibt es zwischen den unterschiedlichen Farbe keine Unterschiede und so müssen für eine CB500F 5.990 Euro und für eine CBR500R 6.550 Euro (Überführungskosten von 285 Euro sind hier jeweils inklusive) in die Hand genommen werden. Dafür bekommt man aber ein top verarbeitetes und hochwertiges Motorrad. Wer nun Lust bekommen hat, der kann bereits im März mit den ersten Modellen bei seinem Hondahändler rechnen.
Für alle die noch mehr möchten, bietet Honda einiges an Original-Zubehör an. So kann die Alltagstauglichkeit mit Heizgriffen, Hecktasche sowie einer Bordsteckdose deutlich gesteigert werden. Wer es sportlicher mag, der tauscht den farbigen Vorderrad-Kotflügel in einen mit Carbonlook aus, montiert eine Hinterrad- und Soziusabdeckung. Des Weiteren finden sich im Sortiment ein passendes Tankpad und U-Bügelschloss.
Fazit
Ich möchte nochmals jung sein und solche Bikes im Ausstellungsraum meines Händlers sehen, da wäre der Einstig deutlich einfacher gewesen. Egal ob CB500F oder CBR500R, man bekommt ein qualitativ hochwertiges und emotional ansprechendes Motorrad für den Alltag und Freizeit das fahrdynamisch deutlich mehr her gibt als 48 Pferdestärken versprechen. Bleibt zu hoffen, dass diese Linie auch in den höheren Klassen fortgeführt wird, damit der Motorradnachwuchs auch etwas zum „aufsteigen“ bekommt.
Fazit in Punkten
Positiv:
– Laufkultur des Motors
– Handling und Spritzigkeit
– sehr gute und hochwertige Verarbeitung
– Verbrauch
– Sitzposition bzw. Ergonomie
Negativ
– keine LED Blinker
– fehlende Ganganzeige
– EURO3
– fehlende Farben in Deutschland
Text:
Rainer Friedmann ‚Kraftrad‘
Bilder:
Rainer Friedmann ‚Kraftrad‘, Honda
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